Tagebuch der Götter
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 Bruderschaft der Arbeitstitel (Leon & Cedric)

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Pongy-Tongy

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BeitragThema: Re: Bruderschaft der Arbeitstitel (Leon & Cedric)    Bruderschaft der Arbeitstitel (Leon & Cedric)  - Seite 2 EmptyDo 2 Feb 2017 - 22:55

Richard hatte halb damit gerechnet, dass Cyril seinen Vorschlag, durch das Berühren der Kutsche einen kurzen Blick in die vergangenen Ereignisse der letzten Nacht werfen zu können, ablehnen würde – entweder, weil sich der junge Adlige davor fürchtete, oder einfach, weil er noch immer nicht restlos von der Existenz des übernatürlichen überzeugt war. Doch zu Richards großer Erleichterung, zeigte sich der blonde Edelmann der Idee gegenüber aufgeschlossen, ohne das minutiöse Überzeugungsarbeit nötig wurde.
Während Cyril durch die von Richard wie einem Diener offengehaltene Tür in den Fond der Kutsche stieg, stob Richards aufgeregter Atem in abgehakten Stößen, die als Wölkchen in der klirrenden Luft sichtbar wurden. Er war so nah dran! In seinem Hinterkopf regte sich eine kleine besorgte Stimme, die zu fragen schien, ob es wirklich nötig war, Cyril noch einmal so einem, vielleicht traumatischen, Ereignis auszusetzen? Ob sich der junge Adlige, der ohne irgendwelche Vorkenntnisse im Begriff war, die Sphären des Übersinnlichen zu betreten, nicht sogar in Gefahr brachte. Doch während dieser Teil im Begriff war, den Kampf, den er mit Richards Durst nach Wissen ausfocht, für sich zu entscheiden, verlangte der mittlerweile auch von einem gewissen Enthusiasmus beseelte Adlige wieder nach Richards Aufmerksamkeit. Die Bereitschaft, mit der Cyril sich auf das Experiment einließ, wischte die Zweifel, die Richard an der Richtigkeit seines Handels empfand, einfach beiseite, und der Mönch schloss die schwere Tür der Kutsche, damit sie in Ruhe „arbeiten“ konnten.
Kaum war die an der Innenseite mit Samt ausgepolsterte Holztür ins Schloss gezogen, erstarben die Geräusche des Windes und des tobenden Meeres zu einem entfernten Hintergrundrauschen. Es war im Inneren der Kutsche so kalt, dass das Geräusch von Richards Atem, der durch die, von der Kälte etwas verstopfte, Nase geblasen wurde, wie ein grollender Orkan klang. Der Mönch setzte sich auf die Sitzbank gegenüber von Cyril. Wie weich und anschmiegsam diese Sitzpolster doch waren! Richard konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben so bequem gesessen zu haben. Sollte er jemals seinen Fluch überwinden und das Kloster Mosney verlassen können, er würde den Besitz einer solch luxuriösen Kutsche auf die Liste der Dinge schreiben, die er in seinem Leben unbedingt erreichen wollte.
Richard hörte Cyrils Worten mit äußerster Konzentration zu. „Ja, selbstverständlich, sollte ich den Eindruck bekommen, dass Ihr in Schwierigkeiten steckt, so werde ich Eure Hand fortstoßen und die Berührung beenden. Das verspreche ich Euch bei allen Heiligen.“
Die Spannung, die in der kleinen Fahrgastkabine der Kutsche herrschte, war beinahe spürbar. Richards Blick folgte gebannt jeder Bewegung seines Gegenübers, als dieser einen seiner Handschuhe abstreifte und die Hand dann langsam, Richard kam es wie eine Ewigkeit vor, in Richtung der nächstbesten polierten Holzoberfläche bewegte. Die schlanken Finger erreichten schließlich das Holz, und schließlich auch die gesamte Handfläche. Richard blickte Cyril erwartungsvoll an, aber der andere sah nicht aus, als würde er gerade einen unerklärlichen Blick auf die Vergangenheit werfen und auf magischem Wege Erkenntnis erlangen. Stattdessen runzelte sich seine Stirn vor Unverständnis, als der die Hand zurückzog und Richard mitteilte, dass es nicht funktionieren würde.
Auch der zweite Versuch führte, obschon Cyril den Kontakt zu der polierten Holzfläche dieses mal deutlich länger aufrecht erhielt, nicht zum Erfolg. Richard dachte angestrengt nach? Was war sein Fehler gewesen? Lag das Problem darin, dass die Kutsche nur aus totem Holz bestand? Oder war das Problem, dass das Fahrzeug nicht von der Schattengestalt direkt, sondern nur von dem fallenden Baum beschädigt worden war? Wieso hatte er diese Überlegungen nicht vorher angestellt, um Cyril diesen frustrierenden Moment des Misserfolges zu ersparen?
Der junge Adlige ereiferte sich in der Zwischenzeit darüber, dass er wohl doch nichts Besonderes sei und alles wohl nur fauler Zauber gewesen wäre.
„Ich weiß, dass dies jetzt enttäuschend für Euch gewesen sein muss, Cyril,“ versuchte der Mönch ihn zu beschwichtigen, „aber wir sind die Sache einfach nur falsch angegangen. Ich kann mir vorstellen, dass es einfach nur der falsche Ort oder die falsche Methode war und bin nach wie vor davon überzeugt, dass Euch gewaltiges Potenzial innewohnt. Wir müssen nur einen Weg finden, dieses zu ergründen.“
Innerlich kochte Richard. Ja, das war dumm gewesen! Dadurch, dass er sein eigenes Experiment nicht recht durchdacht hatte, hatte er mit seinem überstürzten Enthusiasmus womöglich Cyrils gerade erst aufkeimende Akzeptanz für die okkulten Kräfte, die der junge Mann in sich trug, zerstört – und dessen Kooperationsbereitschaft am Ende gleich mit! Wie um alles in der Welt hatte er nur so unüberlegt handeln können?
Zumindest schien Cyril mittlerweile von der Idee Abstand genommen zu haben, dass er selbst das Scheitern des Experimentes zu verantworten hatte. Vielmehr schien er nun Richard die Schuld daran zu geben, nichts gesehen zu haben, weil dieser versucht hatte, ihn mit einem toten Stück Holz zu verbinden. Doch einen weiteren Versuch zu starten, wagte Richard jetzt nicht. Zu unbekannt war ihm die genaue Art von Cyrils Begabung. Er wollte dieses Geschenk Gottes auf keinen Fall vergeuden!
Er sah den jüngeren Mann mit einem Blick an, von dem er hoffte, dass man ihn als väterlich-freundschaftlich wahrnehmen würde, als er zu sprechen ansetzte: „Ich übernehme die volle Verantwortung für diesen Fehlschlag. Ich hätte Euch nicht zu diesem Experiment drängen sollen, ohne dass wir uns zuvor wenigstens ein grundlegendes Verständnis Eurer Fähigkeit erarbeitet hätten. Wer weiß, vielleicht schlummert in Euch ja noch viel mehr als nur die Macht, Blicke auf die Vergangenheit zu werfen.“
Richard schaute sich suchend um, ließ seinen Blick über die verschneite, einsame Landschaft schweifen. Der Wind zerrte an seiner Kutte, und es schien minütlich kälter zu werden. Sie sollten nicht länger hier draußen verweilen, befand der Mönch. Das letzte, was sie jetzt gebrauchen konnten, war, sich zu unterkühlen und krank zu werden. Außerdem... konnte die Schattenkreatur sie hier jederzeit überfallen. Es war wirklich höchste Zeit, dass sie in die relative Sicherheit und Gemütlichkeit von Cyrils Stube zurückkehrten.
Und doch, trotz der bedrohlichen Verwundbarkeit, die er hier draußen empfand, es gab eine Sache, die Richard noch tun wollte. Es war schließlich möglich, dass sie sonst keine Gelegenheit mehr dazu bekommen würden.
„Cyril, ich denke, hier draußen gibt es nichts mehr, dass es wert wäre, sich dafür die Zehen abzufrieren. Ich würde daher gerne vorschlagen, dass wir uns auf Euer Zimmer zurückziehen. Dort sollte es deutlich wärmer und trockener sein, als in dieser zugeschneiten Einöde.“
Richard sah sich noch einmal argwöhnisch um. Die Küstenstraße und der Weg zum Kloster lagen absolut verlassen da, es schien keine unmittelbare Gefahr zu drohen. Er wusste zwar nichts von seinem Gegner und dessen Fähigkeiten, konnte also nicht ausschließen, dass das Monster sich vielleicht unsichtbar machen oder von einer Sekunde auf die andere an jedem beliebigen Ort erscheinen konnte, aber er musste das Risiko eingehen.
„Cyril, ich würde Euch gerne bitten mir meinen Dolch zurückzugeben. Es gibt eine Kleinigkeit, um die ich mich noch kümmern möchte, ehe wir uns wieder auf Euer Zimmer zurückziehen. Bitte wartet hier auf mich, oder setzt Euch meinethalben ins Innere der Kutsche. Ich brauche auch nur wenige Minuten, bis ich Euch abholen komme.“
Er zog den groben Stoff seiner Kutte enger um sich, während er die Kutsche noch einmal umrundete und die Szenerie des Unfalls besah. Es war dem jungen Cyril nicht möglich gewesen, sich mit der Kutsche zu verbinden... weil sie nicht direkt vom Wirken des dunklen Wesens berührt worden war, oder weil es sich bei ihr um totes Holz handelte? Er hatte also zwei Theorien, die das Scheitern des Experiments erklärten. Was auch immer hier geschehen war, er brauchte das Wissen um den genauen Unfallhergang. Er würde das Experiment mit Cyril später in der Sicherheit von dessen Zimmer wiederholen, und wenn eine seiner beiden Theorien der Wahrheit entsprach, würde es dieses mal auch ein Ergebnis geben.
Zuerst stieg Richard über die zermalmten Kadaver der Pferde hinweg, damit er an den umgestürzten Baum gelangen konnte. Der Baum war nicht von selbst umgefallen, daran gab es keinen Zweifel. Die Schattenbestie musste also in irgendeiner Form mit dem dicken Stamm interagiert haben, um den Unfall herbeizuführen. Es konnte also durchaus sein, dass dem Baum nun eine Art „magisches Gedächtnis“ anhaftete, dass der Kutsche fehlte, weil sie ja nur indirekt betroffen gewesen war. Wenn diese Theorie zutraf, so würde Cyril bei der Berührung des Baumes einen Blick auf den Zeitpunkt werfen können, als der dicke Stamm aus dem Boden gerissen und auf die Straße gestürzt worden war.
Mit dem gut geschärften Dolch war es ein Leichtes, die vom Schnee aufgeweichte Baumrinde zu durchstoßen. Mit all der Präzision, de ihm seine vor Kälte ganz steif gewordenen Finger gestatteten, schnitt Richard einen etwa fingerlangen, dünnen Aststumpf auf halber Höhe des Stammes ab und ließ ihn sicher in die Tasche seiner Robe gleiten. Cyril zum Berühren dieses Aststumpfs zu bewegen, sollte nicht allzu schwer sein. Was jedoch, wenn Theorie Nummer 2 zutraf: Das die Kutsche keine Bilder liefern konnte, weil sie keine Augen hatte?
Richard trat einen Schritt von dem Baumstamm zurück und zögerte. Was er jetzt tun musste, gefiel ihm nicht besonders, aber vielleicht war es der einzige Weg, um einen Schritt vorwärts zu kommen. Richard stieg abermals über die Pferdekadaver hinweg und stellte sich so, dass er mit dem Rücken zur Kutsche stand, um ganz sicher gehen zu können, dass Cyril ihn nicht bei seinen nächsten Handlungen würde beobachten können.
Richard ging vor einem der toten Tiere in die Hocke, darauf bedacht, dass der Saum seiner Kutte nicht in die Lache aus herausgepressten Inneren hing. Es war ein abscheulicher Anblick, nach wie vor, und dem Mönch war es nicht wohl, bei dem, was er jetzt tun musste. Dann rief er sich zur Ordnung: Es stand hier soviel auf dem Spiel, dieses kleine Opfer zu bringen musste er bereit sein. Letztlich tat ein Metzger ja auch nichts anderes, richtig? Kurzentschlossen versenkte er seinen Dolch in die Flanke des Kadavers und schnitt ein würfelförmiges Stück Pferdefleisch heraus. Trotz der beißenden Kälte, die der Winter nach Irland getragen hatte, war das Blut der tieferen Fleischschichten nur teilweise geronnen. Richards blutige Trophäe drohte, seine Kleidung zu besudeln, was Cyrils Vertrauen sicherlich nicht eben befördert hätte. Schweren Herzens zog Richard also ein unbenutztes, hellgraues Stofftaschentuch aus einer seiner Taschen, wischte daran zuerst seinen Dolch und seine Finger sauber, und dann schlug er das Stück Pferdefleisch darin ein und ließ es in der selben Tasche verschwinden wie das Holzstück.
Eines der beiden würde sicherlich ein wenig Licht in die Geheimnisse der vergangenen Nacht bringen, wenn Cyril sie berührte, dessen war sich Richard sicher. Er hofft inständig, dass das Stück von dem umgestürzten Baum ausreichen würde, um eine Vision der Vergangenheit heraufzubeschwören. Cyril zum Betasten eines blutigen Fleischstücks zu bewegen, dürfte sich als alles andere als einfach erweisen. Wie er den jungen Adligen einschätze, würde dieser wahrscheinlich angewidert zurückweichen oder gar wie ein kleines Mädchen zu kreischen anfangen, wenn Richard ihm das Stück Pferdefleisch auf den Tisch klatschte. Er würde also eine Menge Übererdungsarbeit leisten müssen - oder sich einen Trick einfallen lassen.
Mit seinen beiden Schätzen sicher in einer Tasche seines Habits verstaut, kehrte er zu Cyril zurück. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber die Tage des Winters waren kurz, und der Sonnenuntergang mochte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Es wurde allerhöchste Zeit, dass sie sich in Cyrils Zimmer zurückzogen.
„Cyril, ich schlage vor, dass wir jetzt gehen. Ich schlage dringend vor, dass wir auf dem Weg in Euer Zimmer einen Stopp in der Refektoriumsküche einlegen und uns eine Mahlzeit mit auf den Weg geben lassen. Die Kälte hier draußen hat Euch sicherlich genauso ausgezehrt wie mich, und eine ordentliche Speisung würde uns beiden gut tun. Ich würde zudem vorschlagen, dass wir versuchen, danach ein paar Stunden zu schlafen, damit wir in der Nacht ausgeruht sind und uns im Skriptorium umsehen können, während meine Brüder schlafen. Da muss es doch irgendein Buch geben, dass uns helfen kann – entweder dabei, unseren Feind zu verstehen, oder Euch dabei, Eure Kräfte zu entdecken und zu entwickeln.“
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